Wussten Sie, dass Gerichte Arztzeugnisse als nichtig erklären können? Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesgerichts rückt die scheinbare Unfehlbarkeit von Arztzeugnissen in den Blickpunkt. Aus diesem resultiert, dass ein ärztliches Attest nicht zwangsläufig als unumstösslicher Beweis für krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gelten muss.

Ein Arbeitnehmer klagte vor Gericht wegen Kündigung zur Unzeit. Ihm wurde am 30. März 2020 persönlich bei einem Gespräch gekündigt. Er überreichte daraufhin seinem Arbeitgeber am 1.4.2020 ein Arztzeugnis, dass ihn vom 20. Februar bis zum 9. April 2020 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigte.

Das Bundesgericht wies die Klage auf Nichtigkeit der Kündigung ab. Es kam zu dem Schluss, dass das Arztzeugnis nicht als Beweis für die behauptete krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Kündigung tauge. Eine Arbeitsunfähigkeit sei zu jenem Zeitpunkt aufgrund der Akten nicht belegt. Der Mitarbeitende erwähnte bei den Gesprächsterminen weder am 28. März noch am 30. März seine angebliche Arbeitsunfähigkeit.

Auch habe der Arzt bereits in der Vergangenheit offenbar ereignisbezogen Zeugnisse ausgestellt, die zur Verlängerung der Ferien dienten. Die Kündigung sei somit gültig. (Quelle: BGE 8C_607/2021 vom 19.1.2022)